Die Evangelisch-lutherische Kirchengemeinde Garrel
Schmerzlich waren die Anfänge der ersten evangelischen Christen/innen in Garrel. Hatten sie doch alles in Schlesien, Pommern und Preußen verloren. Oft konnten sie nur ihr eigenes Leben retten. Eine ungewisse Zukunft erwartete sie, als ihre Züge zwischen Dezember 1945 und Dezember 1956 den Bahnhof in Garrel erreichten. Um die 1000 Personen müssen es gewesen sein. Manche von ihnen stammten aus dem Ruhrgebiet und waren während des Krieges nach Schlesien evakuiert worden. Nun galt es, die Neuankömmlinge unterzubringen. Familien wurden dabei bisweilen geteilt. Für die Dorfbewohner als auch für die Flüchtlinge und Vertriebenen war es keine leichte Zeit. Die evangelischen Christen/innen wollten ihren Glauben auch in Garrel und in den umliegenden Dorfschaften leben. Doch wie sollte das geschehen? So wurde Garrel zur Kapellengemeinde der Ev.-luth Kirchengemeinde Cloppenburg erklärt. Der in Breslau geborene Pfarrer Günther Michalke, der in der Ritterstraße in Cloppenburg wohnte, wurde mit der geistlichen Versorgung der ev. Christen/innen in Garrel und Molbergen betraut. Mit dem Fahrrad fuhr er auf diese Weise im Monat ca. 1.000 km. Deshalb wurde der Gottesdienst in den Anfangsjahren nur alle 14 Tage – im Wechsel mit Molbergen – gefeiert. Der Gottesdienst und die kirchliche Unterweisung fand in den Schulen der einzelnen Dorfschaften statt, abwechselnd in den Schulräumen von Nikolausdorf, Beverbruch und Kellerhöhe. In einer Chronik aus dem Jahr 1980 des ehemaligen Garreler Pfarrers Jörg Schlüter heißt es dazu: „Diese Außengottesdienste konnten von denen besucht werden, die kein Fahrrad besaßen oder einfach zu schlecht zu Fuß waren, um nach Garrel zu kommen.“ Dabei betont Pfarrer Schlüter, dass das Entgegenkommen der Schulleiter und entsprechenden Gremien von Anfang an gut gewesen sei. Im Ort Garrel predigte Pfarrer Michalke zunächst in Klassenräumen der alten Schule in der Ortsmitte. Pfarrer Schlüter schreibt: „Der damalige Rektor Kalvelage hatte immer Sorge getragen, dass auch in der kalten Jahreszeit geheizt war und dass auch einige größere Schulbänke für erwachsene Gottesdienstbesucher vorhanden waren.“ Doch als der Besuch der Gemeindeglieder immer zahlreicher wurde, hielt Pfarrer Michalke den Gottesdienst immer öfter auf den Fluren. Eine platzmäßige Verbesserung brachte erst der Umzug in den Festsaal der Gaststätte „Zur alten Kapelle“ bei Niemann. An diesem Ort stand einst die Kirche der Ortschaft Garrel, in der 70 Jahre lang von 1543 bis 1613 nach lutherischen Ritus Gottesdienst gefeiert wurde. Allerdings musste auch dort zu besonderen kirchlichen Festen zusätzliche Sitzplätze geschaffen werden. So wurden beispielsweise Bretter über leere Bierfässer gelegt. Später stellten die Engländer, die in Varrelbusch stationiert waren, Klappbänke zur Verfügung. Als Taufschale diente eine Salatschüssel der Familie Kelch, die auch den Saal für den Gottesdienst herrichtete. Der damalige Lehrer Alfred Schulz half Pfarrer Günther Michalke bei der Verkündigung des Evangeliums, indem er Lesegottesdienste hielt. Die wachsende Zahl der Gemeindeglieder machte den Bau einer eigenen Kirche notwendig. Mithilfe der Vermittlung des Oberkirchenrates Dr. Heinz Kloppenburg in Oldenburg war der ökumenische Rat der Kirchen bereit, auch der evangelischen Kapellengemeinde in Garrel eine „Notkirche“ aus Holz des Architekten Otto Bartning (1883-1959) zukommen zu lassen. Vergleichbare „Schwesterkirchen“ stehen noch heute u.a. beim Blockhaus Ahlhorn an den Fischteichen oder in Bakum. Ende Juli 1950 wurde dann der erste Spatenstich getan. Die Einweihung der Kirche wurde mit einem Gottesdienst am 5. November 1950 durch Oberkirchenrat Dr. Heinz Kloppenburg vorgenommen. Die Kanzel, der Altar und der Taufschalenträger fertigte der Peheimer Tischlermeister Arnold Bahlow an. Die Taufschale dagegen war ein Geschenk der Ev.- luth. Kirchengemeinde Cloppenburg. Das auf dem Altar stehende Kruzifix wurde später in Oberammergau erworben. Die Glocke, die bis auf den heutigen Tag mit der Hand geläutet wird, ruft seit 1950 die evangelischen Christen zum Gottesdienst. Im Jahr 1968 wurde ein neues Pfarrhaus und 1971 ein Gemeinderaum errichtet. Von 1978 bis 1979 wurde die unter Denkmalschutz stehende Kirche grundlegend renoviert. Federführend begleitete diesen Prozess der Cloppenburger Architekt Enkemann. Das waren die Anfänge. Mittlerweile hat sich die ev.-luth. Kirchengemeinde Garrel in den letzten 20 Jahren vervierfacht. Die Ev.-luth. Kirchengemeinde Garrel hat zurzeit über 2100 Gemeindeglieder. Der Grund dafür liegt in den Zuzügen der Brüder und Schwestern aus Omsk und Kasachstan. Ihre Vorfahren aus Deutschland folgten einst dem Aufruf der Zaren nach Russland, wo sie das Land urbar machen und bebauen sollten. Doch die Versprechen, die ihnen einst gemacht wurden, wurden später nicht mehr eingehalten. Deportationen und Verfolgungen waren die Folge. Eine besonders schwere Zeit durchlebten die Russlanddeutschen während der stalinistischen Herrschaft. Viele von ihnen starben. Als dann in den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts die Ausreise nach Deutschland möglich wurde, machten viele Russlanddeutsche davon Gebrauch. Auf diese Weise kam auch eine große Gruppe von ihnen nach Garrel. Die Ev.-luth. Friedenskirche lag einmal idyllisch an Feldern. Doch auch die Gemeinde Garrel entwickelte sich. So rückte das Gotteshaus zunehmend in das Industriegebiet. Ein ständiger LKW-Verkehr störte die Gottesdienste und das Gemeindeleben so, dass ein Umzug nahe lag. Im Jahr 2006 konnte die Ev.-luth. Kirchengemeinde Garrel direkt neben dem Friedhof ein ansprechendes Grundstück erwerben. Am 19. Februar 2009 war es dann soweit: Zusammen mit dem Bürgermeister Garrels, Andreas Bartels, dem ehemaligen Bürgermeister Ludger Mayhaus, dem Kreispfarrer des Oldenburger Münsterlandes, Michael Braun, dem Molberger Pfarrer Dr. Oliver Dürr, dem damaligen Kaplan der kath. Gemeinde Ingo Struckamp und dem Architekten Prof. Dr.- Ing. Volker Droste aus Oldenburg konnte die Bauphase mit einem symbolischen Spatenstich begonnen werden. Die denkmalgeschützte Holzkirche des Architekten Otto Bartning am alten Standort, Auf´m Halskamp 41 in Garrel, wurde abgebaut und von der Firma Muhle aus Sage auf dem neuen Grundstück, Am Friedhof 8, wieder aufgestellt. Ein neues Gemeindehaus mit einem eigenen Jugendraum wurde passend zur Kirche vom Architekturbüro Droste Droste & Urban aus Oldenburg sowie dem Bauunternehmen Lunte mit Hilfe unterschiedlicher Gewerke errichtet. Am 13.12.2009 konnte mit einem Gottesdienst das neue Gemeindezentrum mit einem festlichen Gottesdienst eingeweiht werden. Die Predigt hielt Bischof Jan Janssen. Ein Jahr später konnte die Gemeinde das 60-jährige Wiegenfest der Bartningschen Friedenskirche feiern.
Holger Ossowski
Im Frühjahr 2008 entschied sich der Gemeindekirchenrat im Rahmen des neuen Gemeindezentrums für das Architekturbüro „Droste Droste & Urban“ aus Oldenburg. Die Architekten haben nun die ehrenvolle Aufgabe, die unter Denkmalschutz stehende Notkirche Otto Bartnings mit einem komplett neuen Gemeindehaus zu verbinden. Das Baugenehmigungs-verfahren konnte Mitte August 2008 eingeleitet werden. Die Baugenehmigung liegt Ende Januar 2009 vor.
Der erste Spatenstich für den Umbau der Kirche und den Bau des Gemeindezentrums fand am 19. Februar 2009 statt. Der Gemeindekirchenrat und Pfarrer Holger Ossowski hatten dazu eingeladen.
Kreispfarrer Michael Braun - Kirchenältester Thomas Karg - Bürgermeister Andreas Bartels
Die ersten Gäste bei leichtem Schneeregen...
Nun geht´s los...
Petra Ossowski, Pfarrer Holger Ossowski, Architekt Prof. Dr. Volker DrosteBauunternehmer Wolfgang Lunte, Bürgermeister Andreas Bartels, Kaplan Ingo Struckamp, Pfarrer Dr. Oliver Dürr, Kreispfarrer Michael Braun und Ludger Mayhaus, ehemaliger Bürgermeister